Der Artikel beleuchtet die oft übersehene Bedeutung der Finanzstärke von Versicherungsunternehmen bei der Auswahl einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Hauptpunkte:
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Die BU ist ein langfristiger Vertrag, bei dem der Versicherer im Ernstfall teils jahrzehntelang zahlen muss – oft sechsstellige Summen.
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Deshalb ist es entscheidend, dass der Anbieter über eine solide Kapitalbasis und starke Rückstellungen verfügt.
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Ratings von Agenturen wie Standard & Poor’s, Fitch oder Morgen & Morgen geben Hinweise auf die wirtschaftliche Stabilität.
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Ein scheinbar günstiger Tarif nützt nichts, wenn der Versicherer in der Zukunft finanzielle Probleme bekommt und sich Leistungszusagen nicht halten lassen.
Das Fazit: Wer eine BU abschließt, sollte nicht nur auf Preis und Bedingungen achten – sondern auch auf die wirtschaftliche Substanz des Versicherers.
Die Thematik der Finanzstärke einer Versicherungsgesellschaft, insbesondere einer Lebensversicherungsgesellschaft, kommt gerade in den Zeiten der niedrigen Zinsen wieder einmal zum Vorschein.
Wie wichtig ist die Finanzstärke überhaupt bei der Auswahl des Anbieters für meine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Zwischen Momentaufnahme und langfristiger Leistungsfähigkeit
Wenn wir uns mit diesem Thema ganz genau beschäftigen wollen, müssen wir bei einem Vertrag, der nicht selten über 30 Jahre läuft, im Klaren sein, dass die Finanzstärke immer nur eine Momentaufnahme sein kann. Außerdem ist die Finanzstärke eines Versicherungsunternehmens für den „Otto-Normal-Verbraucher“, aber auch für den Versicherungsmakler, nicht ohne Weiteres auszumachen. Versicherungen haben nämlich eine ganze Reihe von Tricks und Kniffen, um die Finanzstärke nach außen hin glänzen zu lassen.
Anfang 2016 unterhielt ich mich mit dem Vorstand eines großen BU-Versicherers über den Zusammenhang der Leistungserbringung der BU-Renten in seinem Unternehmen und der Finanzstärke seines Hauses. Er bestätigte daraufhin, dass sein Unternehmen aktuell ca. 20–30 % mehr BU-Renten erbringt, als den Kunden nach den Versicherungsbedingungen zustehen würden.
Nun stellen wir uns einmal vor – und es ist ja nicht ausgeschlossen, dass die Niedrigzinsphase noch einige Jahre weitergeht – seinem Unternehmen geht es in fünf Jahren wirtschaftlich nicht mehr so gut wie heute. Dann müssen sich 20–30 % (also 20–30 Personen von 100) große Sorgen um ihre Existenz machen, denn ihre Berufsunfähigkeitsrente kann gestrichen werden. Sie wird ja erbracht, obwohl dieser Versicherer es eigentlich nach seinen Bedingungen nicht müsste.
Und da sind wir schon beim Thema Bedingungen
Warum gute Versicherungsbedingungen wichtiger sind als schöne Finanzkennzahlen
Zutreffend brachte es Claus-Dieter Gorr, Geschäftsführer vom Premium Circle, kürzlich auf einem Vortrag in Neuss auf den Punkt: „Die Bedingungen sind das Ventil.“
Je mehr Hintertüren das Bedingungswerk zulässt, desto mehr Möglichkeiten hat das Versicherungsunternehmen, die Leistungen zu streichen oder gar nicht erst zu gewähren.
Fassen wir also zusammen: Die Finanzstärke eines Versicherungsunternehmens sollte bei der Auswahl der passenden Berufsunfähigkeitsversicherung auf jeden Fall eine Rolle spielen. Ist heute schon abzusehen, dass der Anbieter in den kommenden Jahren finanzielle Schwierigkeiten bekommt – dann lieber Finger weg davon.
Da Finanzstärken aber vergänglich sind, kommt es in erster Linie auf die Versicherungsbedingungen an. Hier sollten möglichst viele Hintertüren verschlossen sein, um dem Versicherungsunternehmen möglichst wenige Angriffsflächen für die Streichung oder die Verweigerung der Leistung zu geben.