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Verzicht auf Umorganisation in der Condor BU

    Die Condor Berufsunfähigkeitsversicherung macht wieder von sich reden. Nachdem der Versicherer aus Hamburg als erstes eine AU-Klausel in die Bedingungen aufgenommen hatte, wurde von diesem BU-Versicherer auch die Teilzeitklausel ins Leben gerufen. 

    Die Condor Berufsunfähigkeitsversicherung macht mit dem Verzicht der Umorganisationsklausel wieder von sich reden. Nachdem der Versicherer aus Hamburg als erster Versicherer eine AU-Klausel in die Bedingungen aufgenommen hatte, wurde von diesem BU-Versicherer auch die Teilzeitklausel ins Leben gerufen. Streng genommen war die Württembergische mit der Teilzeitregelung einen Monat eher dran, aber die Condor hat deutlich mehr Marketing drumherum betrieben.

    Beide Regelungen sind mittlerweile in der Marktbreite für Berufsunfähigkeitsversicherungen angekommen – fast in jeder BU-Versicherung ist die Arbeitsunfähigkeitsklausel als Option auswählbar und die meisten BU-Tarife sehen auch irgendeine Teilzeitklausel vor.

     

    Es wurde für die Condor Berufsunfähigkeitsversicherung also mal wieder Zeit, etwas Neues zu machen. Dieses Mal hat der BU Versicherer allerdings darauf verzichtet, eine neue Regelung einzuführen, sondern man streicht etwas weg.

    Genau genommen wird die Möglichkeit der Umorganisation für Selbstständige und Freiberufler komplett aus den BU-Bedingungen entfern.

    Was eine Umorganisationsklausel eigentlich ist, wie die Condor und auch andere BU-Versicherungen die Umorganisation bisher geregelt haben und ob Selbstständige und Freiberufler sich nun ab sofort nur noch bei den Hamburgern versichern sollten, klären wir in diesem Artikel.

    Was ist eine Umorganisationsklausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung?

    Relevanz bei Selbstständigen: Wenn Umstellen statt Aufgeben verlangt wird

    Wenn Sie im Angestelltenverhältnis arbeiten oder verbeamtet sind, dann wird im Leistungsfall bzw. im Fall einer Berufsunfähigkeit geprüft, ob Sie nicht mehr imstande sind, Ihre zuletzt konkret ausgeübte Tätigkeit weiterhin so auszuüben, wie Sie dies bisher vor der Berufsunfähigkeit getan haben.

    Um dies überprüfen zu können, schreiben Sie ganz genau auf, wie Ihre Tätigkeiten in gesunden Tagen ausgesehen haben. Dies ist dann die Basis für die Beurteilung des Leistungsfalls.

    Bei Selbstständigen und Freiberuflern sieht das noch etwas anders aus. Neben der Prüfung der bisherigen Tätigkeit findet eine weitere Überprüfung statt:

    Ist es Ihnen möglich, Ihre Tätigkeiten im Fall der Berufsunfähigkeit so umzustellen, dass Sie in einer anderen Position trotz der Einschränkungen weiterarbeiten und damit die vorherige Lebensstellung erhalten können?

    Das bedeutet, dass Sie nach der Umorganisation weiterhin das Ansehen des Betriebsinhabers haben und für Sie damit keine erheblichen Einkommensverluste verbunden sind.

    Bei den Einkommensverlusten ist es wünschenswert, wenn die Versicherung diese konkret benennt.

    Zum Beispiel, indem beschrieben wird, dass Einbußen von über 20 % bezogen auf das Bruttoeinkommen der letzten drei Jahre definitiv unzumutbar sind.

    Auch muss eine solche Umorganisation im Fall der Berufsunfähigkeit wirtschaftlich zweckmäßig sein.

    Das bedeutet für Sie als Versicherungsnehmer, dass der Leistungsfall etwas umfangreicher wird und die Möglichkeit besteht, dass Sie keine BU-Rente erhalten, weil Sie in Ihrem Unternehmen in anderer Position weiterarbeiten können.

    In welchen Fällen kann nicht umorganisiert werden?

    Grundsätzlich scheitert eine Umorganisation schon dann, wenn Sie keine oder nur sehr wenige Mitarbeiter beschäftigen. Denn wer soll Ihre bisherige Arbeit dann übernehmen, wenn Sie dies selbst aufgrund der Berufsunfähigkeit nicht mehr können?

    Ähnlich sieht es in den meisten Fällen auch dann aus, wenn Sie überwiegend mit organisatorischen und geschäftsführenden Aufgaben beschäftigt sind. Werden Sie in dieser Tätigkeit berufsunfähig, welchen Job im eigenen Unternehmen können Sie dann noch sinnvoll ausüben?

    Bei steigender Mitarbeiteranzahl sieht das allerdings anders aus: je mehr Leute Sie als Unternehmer und Selbstständiger beschäftigen, desto einfacher ist es im Fall einer Berufsunfähigkeit, die eigenen Tätigkeiten entsprechend anzupassen und zu delegieren, die Sie aufgrund der Berufsunfähigkeit nicht mehr erledigen können.

    Bisheriger Verzicht auf die Umorganisationsmöglichkeiten bei Condor und anderen BU-Versicherungen

    Kein Standard im Markt – jeder Versicherer regelt anders

    Weil die Anwendung dieser Klausel zur Umorganisation eben bei kleinen Betrieben oft gar nicht möglich ist, verzichten viele BU-Versicherer in Ihren Versicherungsbedingungen direkt auf die Anwendung der Umorganisation, wenn

    • das Unternehmen weniger als 5 Mitarbeiter hat oder
    • wenn Sie einen akademischen Abschluss haben und zu mindestens 90 % Bürotätigkeiten ausüben

    In der Praxis sieht diese Regelung jedoch bei jeder Berufsunfähigkeitsversicherung anders aus. Dem Volkswohl Bund ist es zum Beispiel egal, ob Sie Akademiker sind.

    Und bei den fünf Mitarbeitern zählt der eine Versicherer Azubi und Werkstudenten hinzu, ein anderer Versicherer nicht – und bei Teilzeitkräften zählen diese teilweise nur anteilig.

    Mit anderen Worten: Der Markt für Berufsunfähigkeitsversicherungen ist hier sehr komplex und die EINE Regelung zum Umorganisationsverzicht gibt es nicht.

    Die Condor ist seit 2021 auch schon positiv von dieser Regel abgewichen und verzichtete bis zu 10 Mitarbeitern auf die Umorganisationsprüfung in der BU.

    Einige weitere Versicherer haben speziell für Ärzte noch die Ergänzung, dass nur zusätzlich nur dann umorganisiert werden kann, wenn kein weiterer Arzt der gleichen Fachrichtung in der Praxis tätig ist.

    Vollständiger Umorganisationsverzicht für Selbstständige und Freiberufler sinnvoll?

    Ein mutiger Schritt mit Licht und Schatten

    Nun streicht die Condor diese Klausel ersatzlos und es gibt sogar Stimmen am Markt, die behaupten, dass man die Condor BU nun als Versicherungsmakler zwingend in jeder Beratung anbieten muss, weil Sie als Kunde sonst nicht umfassend und bedarfsgerecht beraten werden.

    Stimmt das?

    Dazu müssen wir insgesamt zwei Fragen stellen:

    • Ist es generell ein Mehrwert, wenn auf die Regelung zur Umorganisation verzichtet wird?
    • Hat die Condor Schwächen im Tarif, die wir gegenüber dieser Regelung in die Waagschale werfen sollten?

    Genereller Mehrwert?

    Die Durchführung einer Umorganisation im Fall der Berufsunfähigkeit ist insbesondere ein Thema für größere Unternehmen. Einmal, weil es bei kleinen Unternehmen schwer bis gar nicht möglich ist, und außerdem, weil die meisten Versicherungen bis zu fünf Mitarbeitern zusätzlich auf diese Möglichkeit verzichten.

    In größeren Betrieben ändert sich die Rolle der Inhaber häufig in Richtung unternehmerische Tätigkeiten: Organisieren, Planen, Personalentscheidungen usw. Auch hier wird es schwer, im Fall der Berufsunfähigkeit eine andere Tätigkeit zu finden, die die erforderlichen Kriterien erfüllt: vergleichbares Ansehen und keine erheblichen Einkommenseinbußen.

    Mit anderen Worten: Das Szenario, dass es zu einer Umorganisation kommt, ist ohnehin nicht so groß, wie man meinen könnte.

    Dies bestätigt auch meine Rückfrage bei Berufsunfähigkeitsversicherungen: Die Anzahl der tatsächlich durchführbaren Umorganisationen bewegt sich im unteren einstelligen Bereich – nicht in Prozent, sondern absolut.

    Aber natürlich ist es immer wünschenswert, wenn die BU-Leistung schneller und ohne „Wenn und Aber“ bezogen werden kann. Daher will ich die Streichung dieser Möglichkeit durch die Condor BU auch nicht in Abrede stellen.

    Wie sieht der Mehrwert konkret im Fall der BU-Versicherung der Condor aus?

    Bei einem guten Absicherungskonzept für den Fall einer Berufsunfähigkeit sollte immer auf mehr als nur eine bestimmte Klausel geachtet werden:

    • Die BU-Profi MUST HAVES sollten vollständig erfüllt sein – das ist bei der Condor der Fall.
    • Die Risikoprüfung hat sich gebessert, ist aber im Marktvergleich teils noch schwächer.
    • Die maximale Rentenhöhe liegt bei nur 80 % des Nettoeinkommens – zu wenig.

    Beim letzten Punkt kann man legal nachhelfen, z. B. durch Aufteilung auf zwei Versicherer. Wenn zuerst bei der Condor unter 80 % des Nettoverdienstes abgesichert wird und danach bei einem Anbieter, der 60 % des Bruttos erlaubt, ergänzt wird, kann dennoch ein solides Absicherungsniveau erreicht werden.

    Aber: Die spätere Beitragsdynamik ist bei der Condor auf 5.000 € BU-Rente gedeckelt. Das kann bei jungen, gut verdienenden Kunden schnell zu wenig sein.

    Fazit zum Verzicht auf die Umorganisationsklausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung

    Trend mit doppeltem Boden – sinnvoll oder riskant?

    Nachdem der HDI die Möglichkeit zur konkreten Verweisung aus seiner BU gestrichen hat und die Condor nun mit dem Streichen der Möglichkeiten zur Umorganisation folgt, scheint sich ein Trend abzuzeichnen, dass die Möglichkeiten zur Einstellung oder Ablehnung der BU-Rente weiter reduziert werden.

    In beiden Fällen darf man aber wohl die Frage stellen, ob dieser Trend so sinnvoll ist.

    Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Berufslebens berufsunfähig zu werden, ist bereits sehr hoch. Auch in den vermeintlich risikoarmen Berufen wie in der IT-Branche, in Kammerberufen, bei Unternehmensberatern und beispielsweise im Produkt- und Projekt-Management.

    Gleichzeitig werden auch die Beiträge der Verträge immer knapper kalkuliert. Einige BU-Versicherer sagen heute schon unter der Hand, dass sie mehr oder weniger von den gut auskömmlichen Beiträgen der Vergangenheit leben.

    Gibt man nun Kundinnen und Kunden, die zwar berufsunfähig sind, aber dennoch ihren bisherigen Lebensstandard durch einige (zumutbare) Umstellungen im Unternehmen erhalten können, jetzt einen noch einfacheren Zugang zur BU-Leistung, dann kann diese Entwicklung früher oder später nach hinten losgehen.

    Für den individuellen Kundenfall kann es ohne Frage heute von Vorteil sein (wenn alles Weitere passt), zur Condor BU zu greifen, wenn der Beruf heute schon auf selbstständiger oder freiberuflicher Basis ausgeübt wird oder dies später einmal geplant ist.

    Eine unbedingte Notwendigkeit sehe ich dafür allerdings nicht. Dafür gibt es genügend andere Dinge, die vorab beachtet werden sollten.

    Über den Autor

    Guido Lehberg

    Geschäftsführer 

    DER BU-Profi

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    Guido Lehberg

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