Was viele falsch verstehen - und warum mehr Absicherung erlaubt ist
Überversicherung bei BU - Mythos oder Realität?
In vielen Köpfen schwirrt immer noch der Begriff "Überversicherung" bei BU-Renten an der Grenze des Nettoeinkommens oder sogar darüberhinaus.
Dabei gibt es bei einer Summenversicherung, die die Berufsunfähigkeitsversicherung ist, keine Überversicherung. Das Gleiche gilt zum Beispiel auch für Grundfähigkeitsversicherungen und Risikolebensversicherungen.
Bei diesen Versicherungsarten wird eine vorher definierte Leistung im Leistungsfall erbracht.
Anders wäre es bei einer sogenannten Schadenversicherung, bei der ein konkreter Schaden beziffert werden kann, der dann ersetzt wird. Das ist zum Beispiel bei der Haftpflichtversicherung und der Hausratversicherung der Fall.
Aber zurück zur Berufsunfähigkeitsversicherung:
Hier ist es vollkommen okay, wenn Sie im Leistungsfall mehr Leistung bekommen, als Sie vorher verdient haben.
Trotzdem versuchen die Versicherungsgesellschaften dieses Szenaria nach Möglichkeit zu vermeiden. Den Grund dafür nennt man "subjektives Risiko". Hierbei geht man davon aus, dass die Motivation beim Versicherten steigt einen Leistungsfall anzumelden, wenn sich ein merklicher finanzieller Vorteil daraus ergibt.
Dieses Risiko ist für den BU-Versicherer schwer bis gar nicht kalkulierbar und im Leistungsfall kann er Ihnen keine Schranken setzen. Auch bei den Erhöhungen durch die Beitragsdynamik wird das schwer.
Anders herum ist es auch so, dass zu geringe BU-Renten dafür sorgen, dass der Leistungsanspruch wohl eher nicht durchgesetzt wird. Wenn Sie von 3.000 Euro Nettoeinkommen auf einmal auf 1.200 Euro BU-Rentenhöhe reduzieren müssen, dann ist das für die meisten Menschen kein guter Deal und sie quälen sich trotz vermeintlicher Berufsunfähigkeit weiter durch ihren Job - mit allen damit verbundenen Nachteilen inklusive gesundheitlicher Verschlechterung.
Bis vor einigen Jahren hatte zum Beispiel die Alte Leipziger in den älteren BU-Tarifen für jeden Dynamik-Nachtrag einen Passus enthalten, dass Sie als Versicherungsnehmer ab einer jährlichen Berufsunfähigkeitsrente von 40.000,- Euro Ihre Angemessenheit selbst überprüfen sollen und dann der Anpassung widersprechen müssen. Nicht nur aus meiner Sicht eine wenig kundenfreundliche Regelung dieser Berufsunfähigkeitsversicherung. Wahrscheinlich wäre diese auch im Zweifel vor Gericht eher gegen die Oberurseler entschieden worden.
Weil die Höhe der bereits versicherten Berufsunfähigkeitsrente nicht mehr zum Nachteil des Kunden verändert werden darf, legen die Versicherer einen größeren Fokus auf die maximal mögliche BU-Rente bei Abschluss der Versicherung und bei den Nachversicherungen.
Deswegen habe ich durchaus ein gewisses Verständnis dafür, dass einige BU-Tarife die Absicherungshöhe beim Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung auf 80 % vom Nettolohn begrenzen.
Mein Verständnis für die durchaus prekäre Situation der Versicherer ändert aber nichts daran, dass die Absicherung von unter 100 Prozent Ihres Nettoeinkommens in den allermeisten Fällen deutlich zu wenig ist.